Haushaltsrede - Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 28.02.2024

Haushaltsrede

Marc Weber mit Grünen Sonnenblume

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,


„Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann.“ Ich bin mir sicher, dass der alte Schlager von Johanna von Koczian im Portaner Rathaus nicht allzu häufig angestimmt wird, besonders nicht in der Kämmerei. Denn bekanntlich sind die Jahre, in denen wir komfortable Überschüsse im städtischen Haushalt hatten, vorbei – zumindest vorläufig.


Zu groß sind derzeit die Herausforderungen durch eine ausgedehnte Infrastruktur, deren Sanierungsbedürfnisse uns immer wieder einholen, und durch externe Effekte, auf die wir keinen echten Einfluss haben. Momentan sind hier besonders der Kreishaushalt und damit zusammenhängend die defizitären Mühlenkreiskliniken zu benennen. Denn der Kreis Minden-Lübbecke kann seine haushalterischen Probleme leider nicht allein bewältigen, sondern nur durch eine höhere Kreisumlage auf die Kommunen im Mühlenkreis abwälzen. Dies bringt nicht nur uns in Porta Westfalica, sondern auch die anderen Kommunen des Kreises in unverhoffte Haushaltsnöte.


Der Haushaltsplan für das Jahr 2024, den wir heute beschließen wollen, weist einen Verlust in Höhe von rund 5,3 Mio. Euro aus. Und auch für die nächsten drei Jahre prognostiziert unsere Kämmerei Verluste in ähnlicher Höhe. Zum Glück haben wir in den letzten Jahren, in denen die Rahmenbedingungen für die städtischen Finanzen noch deutlich besser waren, ein komfortables Eigenkapitalpolster in Höhe von zuletzt 44,5 Mio. Euro aufgebaut. Davon können wir die nächsten Jahre zehren und somit braucht aktuell auch niemand von anstehenden Steuerhöhungen ausgehen. Ausruhen dürfen wir uns auf diesem Polster aber auf keinen Fall, denn wir leben momentan von der Substanz. Und wenn sich die Millionendefizite weiter fortsetzen, wird auch das Eigenkapitalpolster in einigen Jahren aufgebraucht sein.


Damit ist nun klar, dass wir eine Trendwende einleiten müssen, um den Haushalt wieder in die richtige Spur zu bringen! Aber wie kann uns das gelingen?

Meiner Meinung nach ist dies möglich durch eine Kombination aus steigenden Einnahmen und stabilen Ausgaben bzw. strenger Kostendisziplin, wie ich im Folgenden schildern werde.


Steuern und Abgaben erhöhen wollen wir alle nicht! Hier kann ich sicherlich nicht nur für unsere Bürgermeisterin Anke Grotjohann und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprechen, sondern für den gesamten Stadtrat. Steigende Einnahmen sollten allerdings im Laufe mehrerer Jahre allein dadurch möglich sein, dass inflationsbedingt die Unternehmensgewinne und Einkommen der Bürgerinnen und Bürger steigen. Hieraus resultieren nominal steigende Einnahmen z. B. bei der Gewerbesteuer und dem städtischen Anteil an der Einkommensteuer. So war es bisher immer. Relativ neu auf der Einnahmenseite ist außerdem die Möglichkeit, für große Energieerzeugungsanlangen eine kommunale Abgabe zu erheben. Hier gibt es in Porta Westfalica entlang der Autobahn großes Potential für Freiflächen-Photovoltaikanlagen und damit verbundene Einnahmen.


Was wir Grünen definitiv nicht wollen, sind zusätzliche Belastungen einzelner Bevölkerungsgruppen, die jetzt schon hohe finanzielle Lasten tragen und zudem große Beiträge für die Zukunft unserer Gesellschaft erbringen. Ich spreche hier von Familien mit Kindern, daher lehnen wir Grünen die außerordentliche Anhebung der Elternbeiträge für den offenen Ganztag klar und deutlich ab.


Kommen wir nun zu den Kostensenkungen. Diese sind bekanntermaßen schwierig, wie wir immer wieder sehen: Viele Ausgaben entstehen durch Transferleistungen, die die Stadt Porta Westfalica nicht oder nur in geringem Umfang beeinflussen kann. Das Beispiel Kreishaushalt habe ich bereits genannt, ein erheblicher Teil der aktuellen Sorgen um den Portaner Haushalt ist hierauf zurückzuführen. Positiv bleibt zu erwähnen, dass die Fraktionen von CDU und Grünen im Kreistag vorerst Schlimmeres verhindert haben. Der Kreistag hat somit
„nur“ rund 20 von ursprünglich 54 Stellen, die der Kreis Minden-Lübbecke in diesem Jahr neu schaffen wollte, genehmigt. Damit haben die Fraktionen verhindert, dass die Kreisumlage deutlich stärker angehoben wurde. Leider fehlt mir die Zuversicht, dass sich die Lage im Kreis in den nächsten Jahren nicht weiter verdüstert.


Bleiben wir bei möglichen Kostensenkungen. Personalkosten werden vorerst weiter steigen, allein schon durch höhere Tarifabschlüsse und neue Aufgaben, die wir als Kommune von Land und Bund übertragen bekommen. Digitalisierung und künstliche Intelligenz sind sicherlich große Hoffnungsträger, um den Fachkräftemangel zu kompensieren und die Verwaltungsarbeit effizienter und noch bürgerfreundlicher zu gestalten. Viele Entwicklungen sind bereits gestartet und es gibt auch erste Pilotprojekte auf kommunaler Ebene. Aber es wird sicherlich noch einige Jahre dauern, bis wir das Potential technologiegetriebener Verbesserungen auch in den öffentlichen Verwaltungen ausschöpfen können.


Kommen wir zur Infrastruktur, dem langfristig vielleicht größten Einflussfaktor für eine nachhaltige Haushaltspolitik. Wie schon ausgeführt, verfolgt uns schon seit Jahren ein schier immer größer werdender Sanierungsstau. Und dies trotz großer Investitionen in die Portaner Infrastruktur seit einigen Jahren. Neben der Sanierung der Grundschulen, die weiterhin im Gange ist, haben wir aktuell z. B. die Weserbrücke in Eisbergen und die Sanierung des Badezentrums als „Mega“-Aufgaben vor der Brust. Hinzu kommen kleine und große Sanierungs- und Erneuerungsbedarfe zum Bespiel bei den weiterführenden Schulen, den Straßen, bei der Feuerwehr und beim städtischen Fuhrpark.


Aus meiner Sicht muss das, was wir uns an Infrastruktur leisten, von guter Qualität und in einem Tipptopp-Zustand sein. Wenn wir den Sanierungsstau aber abgearbeitet haben – was zugegeben eine riesige Herausforderung darstellt – müssen wir dauerhaft am Ball bleiben, um den guten Zustand auch zu halten. Enorm wichtig ist allerdings, dass wir uns nur die Infrastruktur leisten, die wir uns erlauben können. Das Motto für die Infrastruktur könnte also lauten: „Reduzieren und optimieren“. Dafür braucht es eine echte politische Priorisierung aller Investitionsmaßnahmen. Denn grundsätzlich spart uns jeder Kubikmeter umbauter Raum und jeder Quadratmeter asphaltierte Straße, den wir nicht benötigen, langfristig Geld. Dabei helfen kann die Kategorisierung, die ich dem Rat vor gut einem Jahr vorgestellt habe:

  1. Investitionen, die sich finanziell rechnen, sich also mittelfristig positiv auf die städtischen Einnahmen und/oder Ausgaben auswirken.
    Gute Beispiele hierfür sind die Zusammenlegung von Feuerwehrgerätehäuser im Stadtgebiet sowie Investitionen in Photovoltaikanlagen und andere Energiesparmaßnahmen.
  2. Investitionen, die zwingend notwendig sind, z. B. aufgrund gesetzlicher Anforderungen oder als Ersatz von unverzichtbarer Infrastruktur.
    Beispiele hierfür sind unsere Schulen und Kitas, die Feuerwehr sowie die besagte Weserbrücke in Eisbergen. Außerdem zähle ich hierzu das Badezentrum, auch dieses halten wir Grünen für einen unverzichtbaren Bestandteil der städtischen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge. Die hohen Energiekosten werden wir aber dauerhaft nicht mehr stemmen können, daher muss die energetische Sanierung des Hallenbades auf unserer Prioritätenliste weit oben stehen.
  3. Investitionen, die unsere Stadt benötigt, um in Zukunft richtig aufgestellt zu sein im Hinblick auf die erwarteten Anforderungen.
    Als Stichworte sind hier beispielhaft zu nennen: Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels, Ausbau der digitalen Infrastruktur, Energiesicherheit und bessere Bildungschancen.


Diametral entgegen stehen dem leider immer wieder neue Vorschläge, die ich in die Kategorie Wahlgeschenke einsortieren würde. Wenn prominente Vertreter der Portaner Parteien so zitiert werden, dass das Gewinnen von Wahlen die wichtigste politische Aufgabe sei, läuft etwas in die falsche Richtung. Denn teure Wahlgeschenke belasten den Haushalt nur unnötig und dies im Fall zusätzlicher Infrastruktur über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg. Anstelle einer Politik, die immer wieder auf das nächste Wahlergebnis schielt, erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns zurecht eine vernünftige Sachpolitik, die den Menschen weiterhilft, und keine unnötigen und unrealistischen Vorschläge.


In die Kategorie Wahlkampf fällt es für mich auch, wenn Fraktionen entgegen den Beschlüssen, die sie selbst über Jahre hinweg getroffen und verteidigt haben, plötzlich für eine Absenkung der Abwassergebühren eintreten. Bei einer Umstellung der Abwasser-Kalkulation auf den Anschaffungswert fehlen der Stadt bis zu drei Millionen Euro im Jahr. Wer dies fordert, ohne dabei sinnvolle Kompensationsmöglichkeiten zu benennen, betreibt keine verlässliche Haushaltspolitik, sondern spielt den Bürgerinnen und Bürgern ein Märchen vor.


Zum Ende meiner Haushaltsrede möchte die Planung des Klimaschutzbudgets erwähnen. Nachdem Teile des Stadtrats zu Beginn der aktuellen Ratsperiode noch dafür gesorgt hatten, dass im Bereich Klimaschutz das notwenige Personal fehlte, hat sich die angespannte Situation nun verbessert. Dies ist auch an einer Planung des Klimaschutzbudgets zu erkennen, die inzwischen eine außerordentlich hohe Qualität erreicht hat und damit vom großen Engagement der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeugt.


Den Ratsbeschluss, zukünftig in dem Bereich keinerlei Mittelübertragungen mehr möglich zu machen, hätte sich die Ratsmehrheit allerdings verkneifen sollen. Diese unnötige Einengung trägt nicht dazu bei, das knappe Budget bestmöglich einzusetzen. Zudem ist es immer noch ungewiss, welche der eingeplanten Fördermittel des Bundes tatsächlich freigegeben werden. Wenn man in einer solchen Situation bereits ein Jahr im Voraus den Beschluss fasst, dass in das übernächste Jahr keine Haushaltsmittel für den Klimaschutz mehr übertragen werden dürfen, grenzt das schon an Unsinn.


Herzlich bedanken möchte ich mich wieder bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei und der gesamten Stadtverwaltung für ihr großes Engagement. Das gilt für die gesamte Führungsmannschaft ebenso wie für alle Teams auf operativer Ebene.


Und auch unsere Bürgermeisterin Anke Grotjohann möchte ich erneut würdigen. Seit Deiner Wahl ins Amt der Bürgermeisterin hast Du, liebe Anke, viele Dinge positiv gestalten und beeinflussen können. Deine diplomatische und zugleich anpackende Art hat bewirkt, dass die politische Zusammenarbeit hier im Stadtrat wieder deutlich besser ist als in den Monaten zuvor.

Zum letzten Mal ist heute auch Stefan Mohme in seiner Rolle als technischer Beigeordneter bei einer Haushaltsabstimmung dabei. Lieber Stefan, auch wenn Du noch einige Monate im Amt bist, ist dies heute vielleicht die letzte Gelegenheit, um mich noch einmal offiziell bei Dir zu bedanken. Vielen Dank für Deinen Einsatz und für die gute Zusammenarbeit in den fast 24 Jahren deiner drei Amtszeiten. Unvergessen bleibt sicherlich auch die Zeit, in der Du nach dem Rücktritt der ehemaligen Bürgermeisterin bis zur Wahl von Anke Grotjohann souverän und unaufgeregt die Verwaltungsgeschäfte stellvertretend geleitet hattest.

Porta Westfalica, 28.02.2024

Marc Weber

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

im Rat der Stadt Porta Westfalica

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